Zitate,die
mein Philosophieverständnis illustrieren:
Heute
möchte ich mal meine eigene DEFINITION VON PHILOSOPHIE
versuchen:
DEFINITION
VON PHILOSOPHIE VON PHILOHOF:
Philosophie
ist Selberdenken. Selberdenken bringt es mit sich,
dass man sich mit zahlreichen Denkverboten und Denkhindernissen
auseinandersetzen muss, die als solche gar nicht auf
den ersten Blick kenntlich sind. Zwei Beispiele für
Denkverbote/Denkhindernisse:
- "Philosophie
ist ein Fach." Bedeutet: Es geht gar nicht
ums Selberdenken, sondern ums Bescheidwissen!
- "Überlass
das Nachdenken Menschen, die intelligenter sind
und mehr wissen als du!" Bedeutet: Denke
nicht nach, sondern hör anstattdessen Experten
und anerkannten Intellektuellen/Wissenschaftlern
zu!
Mir
scheint, die meisten Menschen verstehen gar nicht,
was es ist, was ich auf meiner Website hier tue. Zum
Beispiel meine Auseinandersetzung mit der Wissenschaft.
Wissenschaft stellt für den selbstdenkenden Menschen
ein Denkverbot/Denkhindernis der Art dar: "Du
brauchst gar nicht selbst zu denken; dafür gibt
es Exerten. Es wird sich um alles gekümmert!"
Das
Ziel des Philosophierens ist die Kultivierung eines
eigenen Geisteslebens. Ein eigenes Geistesleben baut
eigene geistige Ressourcen auf, auf die man zurückgreifen
kann; und es erhält die eigene geistige Lebendigkeit
als Grundvoraussetzung dafür, dass man sich noch
weiterhin für die Dinge interessiert, die um
einen herum vorgehen. So ziemlich alle Menschen (ich
kenne eigentlich keine Ausnahmen, jedenfalls nicht
persönlich) in unserer Gesellschaft sind der
Meinung, dass ein Mensch ein eigenes Geistesleben
gar nicht braucht bzw. halten sie es sogar für
schädlich. Sie nennen es "Hirnwichserei".
11.
Juli 2017
Die
nachfolgenden Zitate illustrieren mein Konzept von
Philosophie:
„Die
wahre Philosophie ist also in der Antike geistige
Übung.“
Pierre
Hadot: Philosophie als Lebensform. Antike und
moderne Exerzitien der Weisheit. Fischer, Frankfurt/Main
2011, 3. Aufl. (1981). S. 41.
"It's
early in the twenty-first century, and that means
that these words will mostly be read by nonpersons-automatons
or numb mobs composed of people who are no longer
acting as individuals. [...] And yet it is you, the
person, the rarity among my readers, I hope to reach."
Jaron
Lanier: You Are Not a Gadget. Penguin Books,
London-New York 2010, S. XIII.
"Lo
distintivo del filósofo no es arengar a las
masas ni siquiera adoctrinar a grupos de estudio,
sino comunicar lo indiviualmente pensado a un interlocutor
también único e irrepetible. Lo dejó
claro el Sócrates platónico en la Apología:
"Yo siempre me dirijo solamente al individuo."
["Was
den Philosophen unterscheidet, ist, dass er nicht
die Massen anspricht und nicht einmal Studiengruppen
indoktriniert, sondern das individuell Gedachte einem
ebenso einmaligen und unwiederholbaren Gesprächspartner
kommuniziert. Der platonische Sokrates hat das in
der Apologie klar gemacht: "Ich wende
mich immer nur ans Individuum.""]
Fernando
Savater: Diccionario filosófico. Editorial
Planeta, Barcelona 1995. S. 28.
"Was
will ich Dir sagen mit dem "Tu was Du willst"
als grundlegendem Motto dieser Ethik, an die wir uns
herantasten wollen? Ganz einfach (auch wenn es nicht
so einfach sein wird, fürchte ich), daß
Du Dich befreien mußt von Befehlen und Gebräuchen,
von Belohnung und Strafe, kurz von allem, was Dich
von außen lenken will, und daß Du diese
ganze Angelegenheit aus Dir selbst heraus, aus Deinem
Gewissen und freien Willen entwickeln mußt.
Frage niemanden, was du mit Deinem Leben anfangen
sollst: Frage Dich selbst. Wenn Du wissen willst,
wozu Du Deine Freiheit am besten einsetzen kannst,
dann verliere sie nicht, indem Du Dich von Anfang
an anderen unterwirfst, mögen sie auch noch so
gut, weise und angesehen sein: Befrage über den
Gebrauch der Freiheit - die Freiheit selbst."
Fernando
Savater: Tu, was du willst. (Im Original:
Etica para Amador). Vgl.: Fernando Savater:
"Lebens-Tips
mit Grips und Witz", Spiegel Special 5/1993.
"Es
gibt keine schlimmere Ausschweifung als das Denken.
Dieser Übermut wuchert wie das windblütige
Unkraut
auf einem Beet, das für Gänseblümchen
bestimmt war.
Wer
denkt, dem ist überhaupt nichts heilig.
Die Dinge dreist beim Namen zu nennen,
das wüste Analysieren, die zuchtlosesten Synthesen,
nach nackten Tatsachen hemmungslos wild zu jagen,
heikle Themen lüstern zu betasten,
Ansichten laichen, das ist sein Spaß."
Die
ersten Verse des Gedichts "Ein Wort zur
Pornographie" von Wislawa Szymorska. In: dieselbe:
Hundert Gedichte - Hundert Freuden. Wydawnictwo
Literackie, Krakau 2005. S. 191.
"Vemos
que la filosofía es, intrínsecamente,
asunto personal, lo cual la aproxima a algunas ocupaciones
humanas y la distingue profundamente de otras muchas.
Si se profundizara esta distinción se alcanzaría
claridad sobre bastantes cosas importantes.
Por eso la filosofía no se puede hacer “en
equipo”, lo cual vierte no poca luz sobre su
diferencia de la mayoría de las empresas cognoscitivas,
sobre todo en nuestro tiempo. Pero se ocurre una pregunta
que puede ser una objeción: ¿puede hacerse
en escuela? Depende de lo que se entienda por ello:
si la escuela está formada por vinculaciones
personales, si es, por decirlos así, el contagio
de diversas soledades, sí. Si se convierte
en una institución impersonal, en una acumulación
de conocimientos y relaciones sociales, extingue lo
que filosofía tiene de propio y, por supuesto,
lo que pueda tener de creador."
Übersetzung:
[„Wir
sehen, dass die Philosophie von Natur aus eine persönliche
Angelegenheit ist, was sie an einige menschliche Beschäftigungen
annähert und sie von vielen anderen zutiefst
unterscheidet. Wenn man diese Unterscheidung vertiefen
würde, würde man Klarheit über eine
Anzahl wichtiger Dinge erlangen.
Deswegen kann man Philosophie nicht "im Team"
betreiben, was nicht wenig Licht auf ihre Differenz
zu den meisten kognitiven Unternehmen wirft, vor allem
in unserer Zeit. Aber da taucht eine Frage auf, die
ein Einwand sein kann: Kann man sie in Form einer
Schule betreiben? Das hängt davon ab, was man
darunter versteht: Wenn die Schule aus persönlichen
Bindungen besteht, wenn sie, um es so auszudrücken,
die Ansteckung verschiedener Einsamkeiten [die einander
gegenseitig mit ihren Ideen „infizieren“;
Anm. philohof] ist, ja. Wenn aus ihr eine unpersönliche
Institution wird, eine Ansammlung von Wissen und sozialen
Beziehungen, so löscht das aus, was die Philosophie
an Eigentümlichem hat und natürlich was
sie an Schöpferischem haben kann.“]
Julian
Marías: Razón de la filosofía.
Alianza Editorial, Madrid 1993. S. 249.
„Je mehr man den immanenten ästhetischen,
unmittelbaren Wert des Denkens [drei Worte von mir
gestrichen, philohof] würdigt, je mehr man berücksichtigt,
was die In-[S. 37]telligenz selbst zur Freude und
Würde des Lebens beiträgt, desto betrübter
sollte man sich angesichts einer Situation fühlen,
in der Ausübung und Genuss der Vernunft auf eine
kleine, geschlossene und technische Gruppe der Gesellschaft
beschränkt sind, und desto mehr sollte man sich
fragen, wie es möglich ist, alle Menschen zu
Teilnehmern an diesem unschätzbaren Reichtum
zu machen.“
[Die
drei von mir gestrichenen drei Worte lauten: "...und
der Wissenschaft...". Mit diesen drei Wörtern
würde das Zitat für mich keinen Sinn ergeben;
denn zur Wissenschaft als einer Institution zur Produktion
von Spezialwissen gehört aus meiner Sicht wesentlich
die Beschränkung der Ausübung der Vernunft
"auf eine kleine, geschlossene und technische
Gruppe der Gesellschaft". Anmerkung philohof.]
John
Dewey: „Die Entwicklung des amerikanischen Pragmatismus
(1925)“, in: ders.: Philosophie und Zivilisation.
Suhrkamp, Frankfurt/Main 2003. S. 16-37. Hier: S.
36-37.
"Der
Mensch sollte lernen, jenes Lichterglimmen aufzufinden
und zu beobachten, das seinen Geist von innen her
überstrahlt, statt den Glanz am Firmament von
Sängern und Weisen. Doch geht der Mensch über
sein Denken ohne Aufmerksamkeit hinweg, weil es sein
eigenes ist."
Ralph
Waldo Emerson: "Selbstvertrauen", in ders.:
Essays. Diogenes, Zürich 1983. S. 39-74.
Hier: S. 41.
"Manche
Menschen scheinen jedoch [... zu] meinen, Theorie
habe so wenig nötig, im Denken Anwendung zu finden,
daß sie es vielmehr überhaupt ersparen
soll. Sie mißverstehen jede Äußerung
im Sinn eines letzten Bekenntnisses, Gebots oder Tabus.
Sie wollen sich der Idee unterwerfen wie einem Gott,
oder sie attackieren sie wie einen Götzen. Es
fehlt ihnen ihr gegenüber an Freiheit. Aber es
gehört gerade zur Wahrheit, daß man selbst
als tätiges Subjekt dabei ist. Es mag einer Sätze
hören, die an sich wahr sind, er erfährt
ihre Wahrheit nur, indem er dabei denkt und weiter
denkt.
Heutzutage drückt jener Fetischismus sich drastisch
aus. Man wird für den Gedanken zur Rechenschaft
gezogen, als sei er die Praxis unmittelbar. Nicht
bloß das Wort, das die Macht treffen will, sondern
auch das Wort, das tastend experimentierend, mit der
Möglichkeit des Irrtums spielend, sich bewegt,
ist allein deshalb intolerabel. Aber: unfertig zu
sein und es zu wissen, ist der Zug auch jenes Denkens
noch und gerade jenes Denkens, mit dem es sich zu
sterben lohnt.
Max
Horkheimer/Theodor W. Adorno, Dialektik der Aufklärung.
Fischer, Frankfurt/Main 1988. S. 261.
(Anm.
philohof: Das "Wort, das tastend, experimentierend,
mit der Möglichkeit des Irrtums spielend, sich
bewegt" wäre eine treffende Definition für
Philosophie. Essentiell ist hierbei jedoch, dass die
Menschen verstehen, was das NICHT bedeutet. Es bedeutet
NICHT, dass Philosophieren dazu da ist, um zu Ergebnissen
zu kommen, die unbestreitbar wahr sind und die jedes
weitere Nachdenken überflüssig machen. Denn
darin bestünde das Wesentliche dieser Definition:
zum Ausdruck zu bringen, dass Philosophie eine Tätigkeit
ist, dass man beim Philosophieren immer unterwegs
ist (und nicht - bei fertigen Lösungen - angekommen),
dass Gedanken unfertig sind, dass sie Experimente
sind und dass ihnen selbst das nicht ihren Wert nimmt,
wenn sie mitunter falsch sind.)
"Es
handelt sich also um die Notwendigkeit, dass der Mensch
periodisch die Rechnungen jenes Geschäfts klarstellen
muss, welches sein Leben ist und für das nur
er verantwortlich ist, indem wir von der Optik, in
der wir sehen und in der wir die Dinge erleben, insofern
wir Mitglieder der Gesellschaft sind, zu derjenigen
Optik zurückkehren, in der die Dinge erscheinen,
wenn wir uns in unsere Einsamkeit zurückziehen.
In der Einsamkeit ist der Mensch seine Wahrheit -
in der Gesellschaft tendiert er dazu, ihre bloße
Konventionalität oder Falsifikation zu sein.
In der authentischen Realität des Menschlichen
Erlebens ist die Verpflichtung zum häufigen Rückzug
zum einsamen Untergrund von einem selbst inkludiert.
Dieser Rückzug, in dem wir von den bloßen
Wahrscheinlichkeiten, wenn nicht gar einfachen Schwindeln
und Illusionen, in denen wir leben, ihre Beglaubigungen
authentischer Realität verlangen, ist das, was
man mit einem affektierten, lächerlichen und
verwirrenden Namen Philosophie nennt."
José
Ortega y Gasset: El hombre y la gente. Alianza
Editorial, Madrid 1980. S. 105-106. [Übersetzung:
Helmut Hofbauer]
"Gegeben
ist mir mein Leben, und mein Leben ist in erster Linie
ein Sichfinden meines Ich in der Welt; [...]
Hier
zeigt sich, wie die Philosophie als erstes auf die
Tatsache stößt, daß jemand philosophiert,
der das Universum denken will und zu diesem Zweck
nach Unbezweifelbarem sucht. Er findet jedoch nicht
- beachten Sie das wohl! - eine philosophische Theorie,
sondern den philosophierenden Philosophen, das heißt,
den Philosophen, der im Augenblick die Tätigkeit
des Philosophierens lebt... [...]
Das
erste also, was die Philosophie tun muß, ist
dies: Sie muss dieses Datum definieren, muß
definieren, was das ist: "mein Leben", "unser
Leben", das Leben jedes einzelnen. [...]
Die
Philosophie ist erst einmal Philosophieren: und Philosophieren
ist unbestreitbar Leben - so wie das Laufen, das Sichverlieben,
das Golfspielen, das politische Ellbogendrücken
und das Verkehren einer Dame in Gesellschaft - es
sind Arten und Formen des Lebens.
Deshalb
besteht das radikale Problem der Philosophie darin,
diese Seinsweise zu definieren, diese primäre
Realität, die wir "unser Leben" nennen.
Nun ist aber das Leben gerade das, was niemand für
mich tun kann - das Leben ist unübertragbar -
es ist kein abstrakter Begriff, es ist mein individuellstes
Sein."
José
Ortega y Gasset: Was ist Philosophie? dtv,
München 1967. S. 204-205. |