Rezension
von Esther Vilars Trilogie:
Der dressierte Mann (1971),
Das polygame Geschlecht (1974) und
Das Ende der Dressur (1977)
Soeben
habe ich alle drei Bücher hintereinander gelesen (den
Dressierten Mann habe ich vor langer Zeit schon
einmal gelesen) und möchte meine Leseeindrücke
kurz festhalten, solange sie noch frisch sind.
Der
dressierte Mann ist ein Pamphlet, da hat sich Esther
Vilar ihre Wut über die Geschlechterbeziehungen von
der Seele geschrieben.
Das polygame Geschlecht ist ein philosophisch-psychologische
Grundlagenwerk.
Und Das Ende der Dressur ist ein politisches Buch.
Für mich ist Das polygame Geschlecht das bei
weitem interessanteste von den dreien, danach kommt Der
dressierte Mann und am Ende, weit abgeschlagen, Das
Ende der Dressur.
Trotzdem
ist die Trilogie als Trilogie interessant, weil Esther Vilar
im ersten Buch ein Problem beschreibt, das seine Ursache
in der Macht der Frauen über die Männer und in
den weiblichen Verhaltensweisen hat. Und im letzten Buch
der Trilogie sucht sie – das ist offenbar der einzige
Ausweg, den sie sieht – eine politische Lösung
für dieses Problem: Eine großangelegte gesellschaftliche
Reform soll alles verändern.
Das
Problem
Das
Problem, das Esther Vilar im Dressierten Mann beschreibt,
ist, dass sich die Männer in eine freiwillige Knechtschaft
der Frauen begeben und von diesen ausgebeutet werden. Die
Frauen leben wie Parasiten mit den Männern mit und
lassen sich von diesen aushalten.
Die
zentrale Frage, warum das die Männer tun, erklärt
sie – und ich glaube, das ist der Kern des Buches
– auf den Seiten 41-42 von Der dressierte Mann
mit der Intelligenz der Männer. Das Argument geht so:
Männer sind intelligent und in der Lage, abstrakt zu
denken und dadurch erwachsen ihnen Skrupel im Handeln. Sie
möchten nichts falsch machen; sie möchten sich
vor den unabsehbaren Folgen ihres Handelns schützen
(die sie erahnen, weil sie abstrakt denken können),
indem sie ein umfassendes System aus Gesetzen aufbauen,
das auch eine Moral und eine Religion beinhaltet und immer
komplexer wird. Am Ende gleicht dieses System den Gesetzen
ihrer Eltern, denen sie als Kinder folgen mussten. Die Männer
kehren also wieder in die Geborgenheit der Unfreiheit heim,
weil sie nicht akzeptieren können, dass Handeln schuldhaft
ist und man nicht ohne schlechtes Gewissen handeln kann.
Die
Macht der Frauen
Die
Ursache des Problems beschreibt Esther Vilar am ausführlichsten
im Polygamen Geschlecht. Es handelt sich übrigens
nicht darum, dass sie die Männer für polygam halten
würde, sondern sie meint, die Männer würden
von den Frauen in die Polygamie getrieben, weil diese sich
ihnen gegenüber wie Kinder verhalten würden.
Der
Aufriss ihrer Theorie sieht folgendermaßen aus: Frauen
und Männer nehmen aneinander sexuelles Interesse. Aber
dasjenige Geschlecht, das seinen Sexualtrieb beherrschen
kann – das also das sexuelle Angebot auf dem Markt
verknappt – ist in der Lage, über das andere
Geschlecht Macht auszuüben. Die Frauen bieten den Männern
weniger Sex an als diese es sich wünschen; daher sind
die Frauen in der Lage, gleichsam zum Mann zu sagen: „Ich
gebe dir Sex, und du gibst mir dafür Sex und zusätzlich
noch etwas anderes, das ich haben will!“
Der
Weg der männlichen Gleichberechtigung: Keuschheit
„Falls
dem Mann daran läge, seinerseits Macht über
die Frau zu bekommen, gäbe es nur einen einzigen
Weg: Er müßte, dem weiblichen Vorbild folgend,
seinen Geschlechtstrieb konditionieren. Wenn es ihm
gelänge, genauso kalt zu werden wie die Frau,
könnte sie einen Versorger nicht mehr mit Sex
ködern. Nicht einmal als Geschlechtspartner hätte
sie noch Macht über ihn, denn er wäre ja
dann auf sie genauso sehr oder genauso wenig angewiesen
wie sie auf ihn. Wenn Männer sich zu vorübergehender
Abstinenz entschlössen, könnte es ihnen
unter Umständen sogar gelingen, den weiblichen
Geschlechtstrieb zu normalisieren. Vielleicht würden
Frauen sie dann eines Tages sogar mehr begehren, als
es umgekehrt der Fall ist. Der Mann hätte dann
zwar noch immer nicht absolute Macht über die
Frau – ihr Schutzobjekt könnte er nur in
wenigen Ausnahmefällen werden -, doch er wäre
der Gleichberechtigung beträchtlich nähergekommen.“
Esther
Vilar: Das polygame Geschlecht. In dies.:
Der dressierte Mann. Das polygame Geschlecht.
Das Ende der Dressur. Dtv, München 1987.
S. 129- 214. Hier: S. 157.
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Die
Frauen bedienen sich aber auch noch eines zweiten Mittels,
um Macht über Männer auszuüben: Sie übertreiben
ihre körperliche Schwäche gegenüber dem Mann
und ihre Hilflosigkeit, um den Mann dazu zu motivieren,
sie als Schutzbedürftige zu „adoptieren“,
indem er sie heiratet.
Das
Problem dabei ist: Ihre Rolle als Sexpartnerinnen und als
Schutzbedürftige widersprechen einander. Als Schutzbedürftige
sprechen sie eigentlich die Nächstenliebe des Mannes
an und nicht dessen sexuelle Liebe. Wenn der Aspekt der
Schutzbedürftigkeit in der Beziehung überwiegt
und die Frau sich dem Mann dann auch noch sexuell verwehrt,
hat er den Eindruck, mit einem Kind verheiratet zu sein
und nicht mit einer erwachsenen Frau. Dann sucht er außerhalb
der Ehe nach einer „richtigen“ Frau, nach einer
Sexpartnerin. Das ist der Ursprung seiner „Polygamie“,
wobei diese nur von Besserverdienenden real verwirklicht
werden kann. Die ärmeren Männer müssen sich
mit „symbolischer“ Polygamie – dem Konsum
von Pornografie und Herrenzeitschriften – begnügen.
Die
Verdienste Esther Vilars
Die
Verdienste Esther Vilars in diesen beiden Büchern bestehen
darin, dass sie im Dressierten Mann gezeigt hat,
dass man die Frage der Unterdrückung der Frau auch
anders sehen kann und wie das geht. Es kommt nämlich
darauf an, welche Aspekte man vergleicht um festzustellen,
ob das eine oder das andere Geschlecht benachteiligt ist.
Vergleicht man, wie es häufig geschieht, die Löhne
und Gehälter im Beruf, dann findet man, dass die Frauen
benachteiligt sind. Vergleicht man hingegen, wer das verdiente
Geld ausgibt oder wer mehr Vermögen besitzt, dann könnten
die Frauen die Nase voranhaben. Die Tatsache, dass wir Männer
in Schuhgeschäften immer in den ersten Stock oder in
den Keller müssen, um Herrenschuhe zu finden, ist ja
eine, mit der wir alle vertraut sind, und sie ist nicht
ohne Grund: Wir sind aus Sicht der Wirtschaft die schlechteren
Konsumenten.
Der
wesentliche Verdienst des Buchs Das polygame Geschlecht
liegt darin, dass Esther Vilar den oft wiederholten Ausspruch
von Frauen, sie wollten nicht auf einen Status „als
Sexobjekt reduziert werden“ korrigiert. Sexobjekt
zu sein, ist nicht etwas, auf das man reduziert wird, sondern
es ist eine Machtposition: Man zieht das Begehren anderer
Menschen auf sich, ohne sich selbst verausgaben zu müssen.
Das gefühlskalte Sexobjekt hat Macht über den
begehrenden Menschen; der begehrende Mensch hinwiederum
fühlt sich ohnmächtig gegenüber dem Sexobjekt,
weil er selbst für dieses kein Sexobjekt sein kann,
sondern ihm gleichgültig ist. Ich weiß nicht,
woher dieser Spruch „zum Sexobjekt reduziert werden“
kommt; er erscheint zynisch in Anbetracht der Leiden des
begehrenden Menschen, der selbst nicht begehrt wird.
Drittens
gebührt ihr sicherlich der Verdienst, die Sache mit
der Macht einmal klargestellt zu haben: Männern wird
häufig mehr Macht als Frauen zugeschrieben, weil Macht
mit Herrschaft oder Gewalt gleichgesetzt wird. Aber Macht
ist etwas anderes: Macht ist jene „Kraft“ eines
Menschen, über einen anderen Menschen bestimmen zu
können, die ohne Herrschaft und Gewalt auskommt. Deshalb
können auch körperlich Schwächere über
körperlich Stärkere Macht haben, auch Kinder über
ihre Eltern.
Die
Reform
Wie
versucht jetzt Esther Vilar dieses Problem zu lösen?
Sie schlägt eine Reform vor, in der die Frauen gezwungen
werden, auch zu arbeiten (Verbot des Hausfrauentums) bei
gleichzeitiger Arbeitszeitverkürzung von 8 auf 5 Stunden
täglich.
Der
Sinn der Reform: Frauen sollen sich wirtschaftlich selbst
versorgen können, damit sie es nicht nötig haben,
sich einen (Ehe-)Mann als Versorger zu suchen. Gleichzeitig
sollen die Männer weniger verdienen – die Arbeitszeitverkürzung
ist mit Lohnkürzungen verbunden – damit sie für
die Frauen keine lukrative Beute mehr darstellen. Überstunden
sind nach der Reform verboten, weil sonst die menschlichen
Weibchen erneut bei der Partnerwahl jene Männchen bevorzugen,
die am meisten Überstunden machen und Reichtum anhäufen.
Kurz,
der Sinn der Reform besteht darin, dass es den Frauen unmöglich
gemacht werden soll, aus dem Kindchenschema in ihrem Gesicht
Kapital zu schlagen. Esther Vilar möchte, dass die
Frauen den Männern als gleichberechtigte Sexpartner
begegnen und dass Liebe und Erotik die Beziehungen zwischen
den Geschlechtern bestimmen und nicht die Ausnutzung des
stärkeren und triebstärkeren Geschlechts durch
das hilfsbedürftige und kalte Geschlecht.
Das
Ziel der Reform
„Als
Folge dieses neuen Verhaltens würde sich auch
das weibliche Leitbild ändern. Die ewig junge
Frau ist heute in der Werbung nur deshalb dominierend,
weil sie den Idealtyp des weiblichen Großkonsumenten
verkörpert. Die jugendliche Naive kann wie keine
andere den Beschützerinstinkt eines Mannes mobilisieren
und mit der geringsten Anstrengung – durch Heirat
– die steilste gesellschaftliche Karriere machen.
Nach einer Reform, die einerseits Frauen zur eigenen
Karriere animiert und andererseits durch Beschneidung
der Einkommen dem männlichen Beschützer
engere Grenzen setzt, würde sich dieses Ideal
von Grund auf wandeln. Das neue Vorbild wäre
die erwachsene, selbstständige Frau, die statt
an den Vaterinstinkt an den Sexualtrieb des Mannes
appelliert.“
Esther
Vilar: Das Ende der Dressur. In dies.: Der
dressierte Mann. Das polygame Geschlecht. Das Ende
der Dressur. Dtv, München 1987. S. 217-414.Hier:
S. 363.
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Ich
habe meine Zweifel daran, dass die Geschlechterbeziehungen
sich mit dieser Reform zum Besseren verändern würden:
Die sexuelle Anziehungskraft der Frauen auf die Männer
scheint an sich bei weitem größer zu sein als
die der Männer auf die Frauen; die Frauen werden die
Männer also auch nach der Reform um den Finger wickeln.
Und wenn das Geld keine so große Rolle mehr spielt,
weil beide Geschlechter ihr eigenes Geld verdienen (und
die Kinder übrigens auch, denn die sollen fürs
Schulgehen entlohnt werden), dann wird es unter den Männern
eben zum Teil andere Gewinner und Verlierer geben als bisher.
Männer, die sich als Versorger eignen, werden von den
Frauen nicht mehr so stark nachgefragt werden, Muskelmänner
und Playboys dafür stärker. Aber dass sich die
Situation für alle Männer verbessern würde,
das sehe ich nicht; nicht einmal, dass sich dadurch die
Situation der sympathischeren Männer verbessern würde.
Die
Suche nach einer politischen Lösung
Aus
philosophischer Sicht verwundert mich Vilars Suche nach
einer politischen Lösung nach einem solchen Problemaufriss.
Die Alternative wäre, dass sie die Männer zu einer
Verhaltensänderung motiviert. Aber sie legt keine Hoffnung
in die Männer, dass diese ihre gesellschaftliche Benachteiligung
erkennen und sich entschließen könnten, etwas
dagegen zu unternehmen. Sie legt ihre Hoffnung nur in die
Frauen, die Reform müsste also von den Frauen angestoßen
werden, und das ist nur möglich, wenn sie den Frauen
nützt. Als mögliche Ursache setzt sie dabei an,
dass den heutigen Hausfrauen (in den 1970er Jahren) in ihren
vollautomatisierten Haushalten langweilig werden könnte
und sie sich außerdem zunehmend Männer wünschen,
die sich „zur Liebe eignen“.
Dabei
widerspricht sie sich selbst. Denn in Der dressierte
Mann zeichnet Vilar die Frauen als auf einer niedrigeren,
animalischeren Stufe als die Männer lebend. Sie wirft
den Männern vor, die Frauen immer nach dem Schema ihres
eigenen Geschlechts zu beurteilen. Deswegen wollen die Männer
die Frauen immer zum Denken und zur Kultur befreien. In
Wirklichkeit verstünden die die Männer nicht,
dass die Frauen sich beim Häkeln und Kuchenbacken zu
Hause nicht langweilen.
Band
1: Die Frauen langweilen sich nicht
„Spätestens
mit zwölf Jahren – einem Alter, in dem
die meisten Frauen beschlossen haben, die Laufbahn
von Prostituierten einzuschlagen, das heißt,
später einen Mann für sich arbeiten zu lassen
und ihm als Gegenleistung ihre Vagina in bestimmten
Intervallen zur Verfügung zu stellen –
hört die Frau auf, ihren Geist zu entwickeln.
[…] Jede Verständigungsmöglichkeit
zwischen Mann und Frau wird an diesem Punkt abgeschnitten,
und zwar für immer.
Deshalb ist einer der wichtigsten Fehler, die dem
Mann bei der Beurteilung der Frau immer wieder passieren,
daß er sie für seinesgleichen hält,
das heißt für einen Menschen, der mehr
oder weniger auf der gleichen Gefühls- und Verstandesebene
funktioniert wie er selbst. Der Mann kann das Verhalten
seiner Frau von außen beobachten […] aber
bei alldem richtet er sich nach seiner eigenen
Wertskala.
[…] Erfährt er zum Beispiel aus seinen
Beobachtungen, daß eine Frau soundsoviel Stunden
am Tag mit Kochen, Saubermachen und Geschirrspülen
verbringt, so wird er daraus nicht folgern, daß
diese Tätigkeiten sie befriedigen, weil sie ihrem
geistigen Niveau ideal entsprechen. Er denkt, daß
es gerade das sein muß, was sie an allem anderen
hindert … […]
Doch er wird enttäuscht sein: Statt daß
die Frau jetzt anfängt, ein Leben des Geistes
zu führen, sich um Politik, Geschichte oder die
Erforschung des Weltraums zu kümmern, verwendet
sie die gewonnene Zeit darauf, Kuchen zu backen, Unterwäsche
zu bügeln, Rüschchen zu nähen oder
[…] die sanitären Einrichtungen des Badezimmers
mit Blümchengirlanden zu bekleben.“
Esther
Vilar: Der dressierte Mann. In dies.: Der
dressierte Mann. Das polygame Geschlecht. Das Ende
der Dressur. Dtv, München 1987. S. 15-125.
Hier: S. 22.
|
In
Das Ende der Dressur sagt sie nun plötzlich,
dass sich die Frauen doch langweilen und sich eine erfülltere,
inhaltsreichere Existenz wünschen.
Band
3: Die Frauen langweilen sich
„Wer
den Männern etwas geben wollte, müßte
zunächst einmal feststellen, ob den Frauen etwas
fehlt. […] Denn nur unter dieser Voraussetzung
könnte man versuchen, die weibliche Vormachtstellung
zu unterwandern. Erst wenn man einen weiblichen Wunsch
entdeckte und auch wüßte, wie man ihn befriedigen
könnte, dürfte man daran denken, mit den
Frauen über eine neue Männlichkeit zu verhandeln.
[…] Die Voraussetzungen für solche zwischengeschlechtlichen
Verhandlungen sind günstiger als je zuvor, denn
der begehrteste Frauenberuf – Hausfrau –
hat in den letzten Jahrzehnten an Attraktivität
verloren: Durch die jüngsten Entwicklungen auf
wirtschaftlichem und sozialem Sektor hat in westlichen
Industrieländern der Hausfrauenstatus neuerdings
folgende Nachteile:
Langeweile […]
Einsamkeit […]
Schuldgefühle […]
Unehrlichkeit […]
Geistige Frustration […]
Sexuelle Frustration […]
Ökonomische Abhängigkeit […]
Gesellschaftliche Abhängigkeit […]
Hausfrauenneurose […]“
Esther
Vilar: Das Ende der Dressur. In dies.: Der
dressierte Mann. Das polygame Geschlecht. Das Ende
der Dressur. Dtv, München 1987. S. 217-414.
Hier: S. S. 243-5.
|
In
Der dressierte Mann sagt sie, dass Frauen sich
nur um das Urteil anderer Frauen scheren, nur für andere
Frauen leben und dass Männer ihnen gleichgültig
seien. In Das Ende der Dressur schreibt sie ihnen
zu, dass sie sich für Männer interessieren und
sich nach sexuellen Beziehungen zu ihnen sehnen.
Buch 1 und 3 der Trilogie passen nicht zusammen!
Trotzdem
ist das Arrangement interessant: Esther Vilar zeichnet eine
Machtposition der Frauen, die von Natur aus so stark ist,
dass all die politischen Maßnahmen zur Erzielung von
mehr Geschlechtergleichheit nicht auszureichen scheinen:
Das Ende der Dressur wirkt auf mich nicht überzeugend.
Die
Konsequenzen für den Leser der Trilogie
Warum
Konsequenzen für den Leser?
Deshalb, weil nicht zu sehen ist, warum sich eine Leserin
überhaupt mit Esther Vilars Trilogie auseinandersetzen
sollte: Wenn es stimmt, dass die Frauen die Mächtigeren
in unserer Gesellschaft sind, dann werden sie ein Interesse
daran haben, das über solche Themen Stillschweigen
gewahrt wird.
Auf
den Leser allerdings wirkt es beunruhigend, was Vilar da
schreibt. Und man fragt sich unwillkürlich: Wenn das
ganz oder auch nur teilweise stimmt, was sie erzählt,
wie soll ich mein Verhalten ändern?
Mein Verhalten gegenüber Frauen, aber auch mein Verhalten
gegenüber meinen Freunden, in der Familie und in der
Öffentlichkeit?
Denn
wenn man sein Verhalten ändern wollte, dann stünde
man ja vor einem doppelten Problem: (1.) der Notwendigkeit
der Verhaltensänderung (2.) innerhalb einer Gesellschaft
und sozialen Umwelt, die das Problem gar nicht anerkennt
und denjenigen, der es diskutieren wollte, möglicherweise
anfeindet.
Es müsste also eine stille, heimliche Verhaltensänderung
sein. Nur eine? Oder viele? Und wenn viele, welche? Und
wem gegenüber?
Wenn
das, was Esther Vilar in ihrer Trilogie über die Frauen
geschrieben hat, wahr wäre, was müsste für
die männlichen Leser folgen? Allerhand, kann man annehmen
– aber was genau: Was kann man als Einzelner überhaupt
machen?
Anregung
zur Verhaltensänderung für Männer?
„Denn
ohne Geld oder zumindest ohne Aussicht auf Geld bekommt
ein Mann keine Frau und somit keinen Sex. […]
Deshalb sollte ein Mann, wenn er einem anderen mit
einer besonders attraktiven Frau begegnet, nicht deprimiert
sein, sondern bedenken, wie teuer diese Frau diesem
Mann zu stehen kommt.
Ökonomischer wäre es für den Mann auf
jeden Fall, seinen Sexualtrieb bei Prostituierten
zu befriedigen, statt sich in eine Ehe zu stürzen
[…].“
Esther
Vilar: Der dressierte Mann. In dies.: Der
dressierte Mann. Das polygame Geschlecht. Das Ende
der Dressur. Dtv, München 1987. S. 15-125.
Hier: S. 61-62.
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17.
November 2017
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